Helmut Weilemann

AFN Studio Kaiserslautern-Vogelweh 1955:
Session Combo
Arnold "Scheich" Hoyer, Saxophon; Helmut Weilemann, Gitarre; Bastel Meyer, Piano; Hans Huber, Bass; Hubert Tuby, Schlagzeug
 

Die Lautrer Jazzszene

Der Jazzgitarrist Helmut Weilemann

BLUE NOTES

Walter Falk und Lutz Lerchenfeld im Gespräch mit Helmut Weilemann

Helmut Weilemann hat mit fast allen damaligen Größen der deutschen Nachkriegszeit-Jazzszene gespielt. Neben Albert Mangelsdorff spielte er die Gitarre; Mitstreiter war er von Peter Trunk, dem legendären Kontrabassisten, der in den sechziger Jahren wegen seiner Präzision, Erfindungsgabe und harmonisch-rhythmischen Sicherheit als erste Wahl unter den Europäischen Jazzern galt. Das war in seiner Frankfurter Zeit. Seine wildesten Jahre.

Nach Kaiserslautern und auf die Ramsteiner Air Base kamen im Rahmen der USO-Truppenbetreuung in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts auch zahlreiche populäre Jazzmusiker aus den Vereinigten Staaten. Nach dem Konzert in der Fruchthalle oder den Offiziersclubs wollten die US-Boys noch etwas erleben und zogen noch in die Bars und Jazzkeller der Lautrer Innenstadt, wo bis spät in die Nacht gejamt wurde. So hatte Weilemann die bemerkenswerte Gelegenheit mit Musikern der Count Basie Big Band im "Cafe Atlantik" in der Marktstraße zu spielen.

Seine ersten musikalischen Sporen verdiente sich Weilemann jedoch als Jungspunt - mit dem Akkordeon. "Bei s'Paffe" (Nähmaschinenhersteller Pfaff in Kaiserslautern) arbeitete er in frühen Fünzigern. "Aber diese Arbeit war nicht mein Fall", bekennt er. Viel lieber machte er bei den "Amis" "Mussig". "In allen Clubs waren wir. Bis hoch nach Bremerhaven", erzählt er. "Vornehmlich Country + Western haben wir da gespielt. Aber auch Titel wie 'Stardust' oder 'Perdido' waren uns schon bekannt." Die Harmonien aus den "Hit Kit"-Notenheften der US-Army gefielen ihm aber nicht wirklich. Sein ganzes Geld investierte er deshalb in Schallplatten von George Shearing. Dieser Sound faszinierte ihn. Dem Engländer gelang es, den Bigband-Sound der Swing-Ära in kleinere Besetzungen zu transponieren. Die Gitarre spielte dabei die Melodie im unteren Register, das Vibraphon eine Oktave darüber; das Klavier füllte die Mitte aus und spielte alle Stimmen. Damit hatte man quasi eine Quintett-Ausgabe des Glenn-Miller-Sounds. Es dauerte nicht Lange, und der junge, wiss- und lernbegierige Musiker zelebrierte den Shearing-Sound à la mode.

In der Lautrer "Session Combo" saß der 22-jährige Gitarrist 1955 neben Hans Huber (Bass), Kurt Laier (Klavier), Arnold "Scheich" Hoyer (Saxophon) und Bastel Meyer (Klavier). Bekannt wurden die wöchentlichen Jam-Sessions durch Live-
Übertragungen des amerikanischen Soldatensenders AFN. Gemanagt hatte die Band Kurt Littig.

"Aber über Tag schaffe und nachts in der Rokoko-Bar Musik machen, das ging nicht gut". Deshalb kündigte der "Paffianer" und widmete sich ganz der Jazzmusik. Die amerikanischen Musiker erschienen damals den europäischen Jazzfreunden als die "Götter des Jazz". Der Zwanzigjährige hörte sich deshalb stundenlang die Platten von Barney Kessel an, dessen spannungsvoll artikuliertes Spiel ihn genauso faszinierte wie das musikalische Können Tal Farlows, der nicht nur eine anatomisch schier unerreichbare Geschwindigkeit erzielte, sondern auch eine auffallende Klangwirkung. Zu seinen Favoriten zählten auch Charlie Christian, Jim Hall und Howard Roberts, deren Stücke er bis zum Umfallen nachspielte.
"Was mich gefesselt hat", konstatiert Weilemann, "waren die Blue Notes. Bloß keiner wusste damals, was das ist." Beim studieren der Platten kam er dahinter, "dass die Töne dabei auf der dritten, fünften und siebten Stufe erniedrigt werden. Irgendwann jedoch kommt man zu seinem eigenen Stil."
Gelernt hat Weilemann auch von den Musikern, die nach Kaiserslautern kamen. "Johannes Rediske spielte jeden Abend in einer Lautrer Bar. Da das Bier viel zu teuer war für uns Buben, standen wir stundenlang vor der Tür, um den subtilen Mischstil dieses Berliner Gitarristen zu studieren. Bei ihm war alles drin, womit man damals erfolgreich sein konnte: Swing und moderner Jazz, Bar- und Cocktailmusik."

Kennengelernt hat er in den US-Clubs auch Siggi Hermes. Ein einschneidendes Erlebnis hatte er jedoch, als Lionel Hampton in der Fruchthalle spielte. Das Datum weiß er noch ganz genau. "Das war am 30. Oktober 1954. Da hab' ich den ersten Elektro-Fender-Bass erlebt." Dieser sensationelle Sound begeisterte ihn so, dass er prompt am nächsten Tag zum "Schaller" ging und sich selbst einen besorgte. "Das war ein Framus-E-Bass." Damit war er wohl als erster E-Bassist Deutschlands die Sensation. Denn diesen Sound hatte noch kein Musikerkollege gehört.

Einer seiner wichtigsten Mentoren war Carlo Bohländer. Er war die treibende Kraft bei der Schaffung des Frankfurter Jazz-Kellers, des späteren "domicile". Im Oktober 1957 eröffnete er in der Richard-Wagner-Straße 14 / Ecke Brahmsstraße den Jazz-Club "Studio 14" und veranstalte in den folgenden Jahren zahlreiche Konzerte und Sessions mit tatkräftiger Unterstützung der Fankfurter Jazzszene. Dort brachte Bohländer den Musikern in den Konzertpausen das ABC der Harmonielehre bei.
Es dauerte nicht lange, da kam der Ruf nach Frankfurt, in die damalige Hauptstadt des deutschen Jazz. Carlo Bohländer holte den jungen Weilemann 1960 in diese Metropole. "Überall habe ich gespielt: in Wiesbaden, Aschaffenburg, Nürnberg, sogar in Frankreich. Vorwiegend in US-Clubs." Angebote bekam er damals von Willy Berking. Aber das hat er ebenso abgeschlagen wie ein Vorspiel beim Hessischen Rundfunk oder gar das Angebot des SWF Baden-Baden, als Programmgestalter zu funktionieren. "Das war nichts für mich", ist seine lakonische Begründung. In der Band von Attila Zoller spielte er neben dem Schlagzeuger Rafi Luderik, dem Pianisten Pepsi Auer, dem legendären Saxophonisten Bent Jaedig aus Dänemark sowie dem Saxophonisten Hans Koller, der jahrelang Deutschlands "Musiker des Jahres" war.

Zwei Jahre vorher schon, Pfingsten 1958, feierte Weilemann als Gitarrist des "Joe Stevenson Quintetts" aus Kaiserslautern beim Frankfurter Jazzfestival Erfolge. Joachim Ernst Berendt sogar fiel sein herausragender Stil mit den raffinierten Akkord-Alterationen, den weitgeschwungenen melodischen Linien und dem flexiblen, weichen Elektro-Ton auf und meinte, dass er "den richtigen pappigen Tal-Farlow-Klang" habe. Lobende Erwähnung findet das "Joe-Stevenson-Quintett" sogar im "Jazz Podium" sowie im "Jazz-Echo", der damals meistgelesenen Jazz-Zeitschrift und Beilage der "Gondel".
(Das deutsche Jazzfestival Frankfurt wurde übrigens 1953 von Horst Lippmann gegründet und war von Anfang an die "Messe" des deutschen Jazz.)

Musiziert hat Weilemann in den sechziger Jahren mit vielen Jazz-Größen, darunter Mike Harris, Volker Kriegel, Attila Zoller, "Toots" Thielemanns oder dem Schlagzeuger Les Humphries.
 

Jazz Session

So., 21.02.1960, Jazzkeller des Jazz-Club-Barbarossa, Klosterstraße 7
Albert Mangelsdorff Quintett: Albert Mangelsdorff, Posaune; Bent Jädig, Tenorsaxophon, Pepsi Auer, Piano; Peter Trunk, Bass; Hartwig Bartz, Schlagzeug; Gast: Helmut Weilemann, Gitarre


Das rasante Leben der Jazzmusiker mag den Eindruck erwecken, dass sie damals viel Geld verdient hätten. Dem ist nicht so. Selbst der damals bekannteste - Hans Koller - brauchte Gönner und Freunde, um sich über Wasser halten zu können. Und viele waren gezwungen, kommerzielle Tanzmusik zu machen um ihre Brötchen verdienen zu können. So verdiente sich Weilemann sein Geld unter anderem durch Engagements am Pfalztheater Kaiserslautern und in amerikanischen Clubs, wo er auch Plattenstars wie Bill Haley und Les Paul begleiten konnte. In den siebziger Jahren ging Helmut Weilemann zum Saarländischen Rundfunk, wo er acht Jahre blieb. Dort war der Gitarrist, Vater von Ingrid Peters, erkrankt. Weilemann sprang für ihn ein - ohne Vorspiel! - und wurde prompt engagiert. Mit der Band hat er bei den regelmäßigen SR-Radiosendungen "Glück, Gesundheit und gute Laune" prominente Künstler begleitet, darunter Ireene Sheer, Nena, Caterina Valente, Gerhard Wendland, Ingrid Peters und viele mehr. Hautnah auf der Bühne erlebt hat er auch die Showmaster Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampff.

Gleichsam im "Nebenberuf" gründete Weilemann immer wieder neue Bands, betätigte sich auch als Arrangeur und spielte abends in den Clubs nebenher die Musik, die ihm wirklich Spaß machte: J A Z Z

(Interviews vom Dezember 2004 und April 2013)

 

 


Carlo Bohländer: Studio 14

Im Oktober 1957 eröffnete der Frankfurter Trompeter Carlo Bohländer, Jahrgang 1919, in der Richard-Wagner-Straße 14 / Ecke Brahmsstraße, den Jazz-Club "Studio 14" und veranstalte in den folgenden Jahren zahlreiche Konzerte und Sessions mit tatkräftiger Unterstützung der Fankfurter Jazzszene.

So waren Emil und Albert Mangelsdorff, Hans Koller, Bent Jaedig oder Attila Zoller bei ihm zu Gast und die neuen musikalischen Impulse aus der Main-Metropole nahmen zwangsläufig einen prägenden Einfluss auf die Entwicklung der Kaiserslauterer Musikszene. Gelegentlich kam es dann auch zu Jam-Sessions mit den GI's oder Kaiserslauterer Musikern.

Schon fünf Jahre vorher hatte Carlo Bohländer in Frankfurt mit finanzieller Unterstützung von Jazzmusikern und Fans den legendären Jazzkeller "domicile du jazz" in der Kleinen Bockenheimer Straße eröffnet, den sie eigenhändig umgebaut hatten und der noch heute unter dem Namen "Frankfurter Jazzkeller" besteht.

1947 gab er die erste Jazzharmonielehre in deutscher Sprache heraus und galt in Frankfurt bereits in den dreißiger Jahren und besonders nach dem Krieg als engagierter Talent-Entdecker und -Förderer. So profitierten Albert und Emil Mangelsdorff und Joki Freund, in den Fünfzigern dann auch die Kaiserslauterer Musiker Helmut Weilemann, Bernd und Volker Klimmer von seinem musiktheoretischen Wissen.

Lutz Lerchenfeld

 

 


Das Amerikahaus

"Amerikahaus" Kaiserslautern dient der Völkerverständigung

In einer Pressekonferenz erläuterte damals Thomas Carroll, der aus New York stammende Direktor des Amerikahauses, seine Aufgabe: "Das Amerikahaus wird mithelfen, die Verständig zwischen Deutschen und Amerikaner zu fördern und den Pfälzern amerikanisches Leben, amerikanische Zivilisation und Kultur interpretieren." Interessant ist die Tatsache, daß das Amerikahaus Kaiserslautern nicht durch Beschlagnahme und ebensowenig durch die Aufwendung von Besatzungsgeldern entstanden ist. Die Gelder kamen, wie für die Amerikahäuser in der ganzen Welt, aus dem State Department Washington. Der amerikanische Steuerzahler finanzierte das Cultural Program seiner Regierung.

Am 3. Oktober 1952 wurde das Amerikahaus im Anwesen der Firma Ottmann-Thomas, Spittelstraße 3, offiziell eröffnet. Neben der Pflege der umfangreichen Bibliothek mit bereits 25.000 Titeln im Jahr 1955 - die Ausleihe war kostenlos - führte das Amerikahaus in Kaiserslautern bis 1963 zahlreiche Veranstaltungen, Theaterabende, Konzerte, Film- und Musikvorträge im Filmsaal des 1. Stockwerks durch. Natürlich auch zum Thema Jazz. Sie sollten der deutschen Bevölkerung die Musik mit vorwiegend nordamerikanischen Prägung näher bringen. Referenten von Vortragsabenden mit Hörbeispielen waren meist der Jazzwissenschaftler Alfons M. Dauer, Hans Roßbach, Dr. Everett B. Helm und Kurt Littig, "Chef" des Kaiserslauterer "Jazz-Club-Barbarossa 1959". Die Themen waren beispielsweise "Grundlagen und Entwicklung des Swing", "Einführung in den modernen Jazz" oder "Modern Jazz: Integration und Form". Zum Teil wurden diese Vorträge zeitnah auch im Frankfurter oder Mannheimer Amerikahaus veranstaltet. Im Oktober 1961 organisierte das Kaiserslauterer Amerikahaus in Zusammenarbeit mit dem "Jazz-Club-Barbarossa 1959" das Seminar "Die Combos des modernen Jazz". Gefördert wurde auch die Kaiserslauterer Amateur-Jazzszene durch Konzertveranstaltungen in Zusammenarbeit mit dem "Arbeitskreis Jazz der Volkshochschule".
 

Amerikahaus Jazz
 
VHS-Bigband im Amerikahaus: Kurt Littig, Leitung; Klaus Klein, ts; Michael Schäfer, ts; Friedel Ludwig, as; Prof. Dr. Rothmund, as; Volker Klimmer, piano; Bernd Klimmer, Bass; Peter Drum, Schlagzeug, u.a.


Gerhard Westenburger schrieb in einem Bericht zum Amerikahaus: "Konkurrenz für die 'Konzerte der Stadt Kaiserslautern'? Kaum. Die 'großen Konzerte' im Amerikahaus waren Schallplattenkonzerte. Über hundert Leute saßen in Jackett und mit Krawatte in dem Sälchen, warteten geduldig bis die Schellack-LP aufgelegt war und genossen Gershwin. Ich erinnere mich auch an das Benny-Goodman-Schallplattenkonzert, das am 16. Januar 1938 in der Carnegie Hall aufgenommen worden war. Zuerst gab es eine kurze Einführung in die Geschichte der Carnegie Hall, und dann kamen Namen, die man zum ersten Mal hörte und die ein Jazzfan nie vergessen wird: Johnny Hodges, Count Basie, Gene Krupa - vier Seiten Schellack, fast zwei Stunden Jazz von der Schallplatte. Herrlich nostalgisch. Ich glaube heute hätte so etwas wieder Zulauf."

Am 13. November 1963 stand in der Tageszeitung "Die Rheinpfalz": „Die Aufgaben des Amerikahauses in Kaiserslautern werden von dem bisher schon von Kaiserslautern betreuten und künftig noch wesentlich erweiterten 'Amerikanischen Institut' in Saarbrücken übernommen.“ Die Lauterer Zeitungen schrieben von „kulturellem Aderlass“, Oberbürgermeister Dr. Walter Sommers Bemühungen gingen bis zum Generalkonsul in Frankfurt, SPD-Bundestagsabgeordneter Dr. Müller-Emmert aktivierte die Bundesregierung und er wandte sich direkt an das Weiße Haus in Washington. Es war nichts mehr zu machen. Mit dem Ende des US-Finanzjahres am 30. Juni 1964 schlossen die USA offiziell ihr Haus in Kaiserslautern. Der Betrieb lief jedoch schon Monate zuvor aus." Das Gebäude wurde dann von der Volkshochschule Kaiserslautern übernommen.

Lutz Lerchenfeld

 

 


Jazz-Bands in Kaiserslautern | 1957 bis 1970

Barbarossa Castle Stompers, 1957
Michael Sauer, Trompete
Roland Hundt, Klarinette
Dieter Beck, Klarinette
Klaus Heimann, Posaune
Konrad ‘Conny’ Plank, Gitarre
Kurt Littig, Piano
Hans-Peter Sauer, Bass
Rüdiger Steinbacher, Schlagzeug
Günther Grill, Dieter Harms, Schlagzeug


Joe Stevenson Quintet, 1957/58
Joe Stevenson, Altsaxophon
Hermann Dusch, Trompete
James Robson, Piano
Bill Smith, Bass
Irving Henry, Schlagzeug


Joe Stevenson Quintet /
Deutsches Jazz Festival, 1958

Joe Stevenson, Altsaxophon
Helmut Weilemann, Gitarre
Sigi Hermes, Piano
Fritz Rudi, Bass
Irving Henry, Schlagzeug


Joe Stevenson Combo, 1958
Sonderkonzert der Stadt Kaiserslautern
Sonja Marita, Gesang
Joe Stevenson, Altsaxophon
Helmut Weilemann, Gitarre
Kurt Laier, Piano
Hans Huber, Bass
Irving Henry, Schlagzeug


Session Combo, 1958
Arnold "Scheich" Hoyer, Saxophon
Helmut Weilemann, Gitarre
Bastel Meyer, alt. Kurt Laier, Piano
Hans Huber, Bass
Hubert Tuby, Schlagzeug


Volker Klimmer Trio, 1959
Bernd Klimmer, Bass
Volker Klimmer, Piano
Irving Henry, Schlagzeug


Volker Klimmer Quartett, 1959
Ludwig Friedel, Saxophon
Bernd Klimmer, Bass
Volker Klimmer, Piano
Rüdiger Steinbacher, Schlagzeug


Barbarossa Castle Stompers, 1959
Dieter Beck, Klarinette
Jürgen Fischer, Michael Sauer, Trompete
Gunther Marquardt, Walter Zimmer, Posaune
Konrad „Conny“ Plank, Gitarre
Eckhart Wirth, Banjo
Kurt Littig, Piano
Hans-Peter Sauer, alt. Dieter Burghaus, Bass
Dieter Harms, alt. Peter Drumm, alt. Günther Grill, Schlagzeug


John Jarrett Quartet, 1960
Leo Johnson, Tenorsaxophon
Bill Thompson, Altsaxophon
Peter Kuiters, Piano
John Grove, Bass
John Jarrett, Schlagzeug
Gast: Bill Dousette, Trompete


Deutsch-Amerikanisches Jazz Quintett, 1961
Lucius Dean, Trompete
Bill Dousette, Trompete
Leo Johnson, Tenorsaxophon
Volker Klimmer, Piano
Bernd Klimmer, Bass
John Jarrett, Schlagzeug


Volker Klimmer Quintett, 1965
Jürgen Fischer, Trompete
Klaus Klein, Saxophon
Bernd Klimmer, Bass
Volker Klimmer, Piano
Hubert Tuby, Schlagzeug


Volker-Klimmer-Sextett, 1966
Jürgen Fischer, Trompete
Klaus Klein, Saxophon
Volker Klimmer, Piano  
Bernd Klimmer, Posaune
Paul Becker, Bass;
Charlie Hach, Schlagzeug
Friedrich "Fritz" Walter und Doris Geißler, Gesang


Bigband der Volkshochschule Kaiserslautern
„Barbarossa Swing Band“, 1966
Kurt Littig, Leitung
Volker Klimmer, Arrangements und Piano
Jürgen Fischer, Dirk Gärtig, Jens Gärtig, Heiner Fuchs, Trompete
Klaus Klein, Tenorsaxopphon
Ludwig Friedel, Matthias Rothmund, Altsaxophon Klaus Klein, Michael Sauer, Tenorsaxophon
Richard Helfrich, Gunther Marquardt, Bernhard Sauer, Kurt Gerken, Posaune
Paul Bonfico, Gitarre
Michael Emrich, alt. Bernd Klimmer, Bass
Hubert Tuby, alt. Rüdiger Steinbacher, Schlagzeug


Jazz-Quintett, 1968
Ludwig Schaafhausen, Tenorsaxophan
Erwin Schütz, Trompete
Martin Kronauer, Piano
Paul Bonfico, Bass
Klaus Künstler, Schlagzeug
Michael Demmerle, Schlagzeug


 



Rückblick in Bildern: In der Klosterstraße 7, gegenüber der Martinskirche, eröffnete der 'Jazzclub Barbarossa 1959' unter der Leitung von Kurt Littig 1960 den "Jazzkeller" - Schauplatz zahlreicher Konzerte, Jam-Sessions und Treffpunkt der damaligen Szene.

 

Konzerte der Stadt Kaiserslautern

Joachim Ernst Berendt: Jazz im Konzertsaal

Der Jazz ist in den letzten Jahren immer nachhaltiger in die großen Festivals zeitgenössischer Kunst eingedrungen. Edinburg, Donaueschingen, der Maggio Musicale in Florenz, die Berliner Festwoche, Yehudi Menuhins Bach-Festival sind nur einige Beispiele. Immer einmütiger findet der Jazz auf diese Weise bei den großen kulturellen Veranstaltungen Anerkennung als eine wesentliche künstlerische Sprache unserer Zeit. Diese Anerkennung geht quer durch alle Richtungen - von Sartre bis zu dem verstorbenen Papst Pius XII., um mit diesen beiden Namen in etwa die Extreme abzugrenzen. Eines der bekanntesten Worte hierzu stammt von Walter Dirks: ”Der Jazz ist eine der wenigen erfreulichen Erscheinungen der zeitgenössischen Menschheit. Alle Achtung vor ihr, daß sie das fertiggebracht hat.”

Es braucht in diesem Zusammenhang nicht darauf hingewiesen zu werden, daß Jazz und Schlagermusik nicht nur etwas verschiedenes sind, sondern sich durchaus gegensätzlich gegenüberstehen. Und zur Schlagermusik gehört natürlich auch der Rock’n’Roll.

Der Jazz ist eine Sprache der zeitgenössischen Musik. Er ist darüber hinaus eine Sprache der Jugend. Deshalb – glauben wir – ist es Aufgabe all der Stellen, die Vermittler der kulturellen und geistigen Aussagen unserer Zeit sind, sich mit ihm zu befassen. Der Jazz gehört in die Programme dieser Institutionen und Organisationen.

Der Jazz nämlich ist gewiß nicht - wie die Schlagermusik – eine ”Musik der großen Masse”. Immer deutlicher erweist sich, wie unbefriedigend die Mammutveranstaltungen sind, dle von amerikanischen Veranstaltern durch die Sportpaläste und Ausstellungshallen geschickt werden. Der Jazz ist eine kammermusikalische und individuelle Kunst, die sich in Massenveranstaltungen selten entfalten kann. Auch die Jazzmusiker selbst wenden sich immer einhelliger gegen die Großveranstaltungen, bei dem ein Ensemble das andere von der Bühne jagt. Einer der prominentesten Solisten des modernen Jazz sagte vor kurzem: ”Die Festivals sind deshalb so schlecht, weil wir dann, wenn wir anfangen könnten, gut zu spielen, aufhören müssen.” Der Jazz ist eine improvisatorische Kunst. Ein Jazzmusiker braucht eine gewisse Zeit, um intuitiv und ideenreich spielen zu können. In der Jazzsprache spricht man von ”warmin’ up” ... der Musiker muß sich ”erwärmen” können.

Aus all diesen Gründen erscheinen kammermusikalische Jazz-Konzerte mit ein oder zwei Ensembles als besonders günstig. Unter der Kontrolle der deutschen Jazzföderation werden die Ensembles angeboten, die bereits – wenn man so sagen darf – ”die Probe aufs Exempel bestanden”. Denn auch das ist wichtig: nicht alles, was sich als Jazz deklariert, ist Jazz; und noch weitergehend: nicht alles, was Jazz ist, ist reif für den Konzertsaal.

Maßgebende Fachleute haben darauf hingewiesen, daß es in Deutschland ganze Landschaften gibt, in denen der Jazz nur noch schlechte Chancen hat, weil man sich jahrelang anhand der lokalen Amateurbands über ihn ”orientiert ’ hat. Das Jazz-Musizieren der Amateure ist eine vorzügliche Sache und hat in mancher Hinsicht die Tradition der alten Hausmusik zu neuem Leben wiedererweckt. Aber Hausmusik soll sich nicht in Konzertsälen abspielen. Hinzu kommt: gerade die Amateure brauchen den Kontakt mit den anerkannten SoIisten und Ensembles des Jazz. Nur so können sie – und ganz allgemein: die jungen Anhänger des Jazz – die Maßstäbe gewinnen, die in den letzten Jahren immer mehr verloren gegangen sind. Die Aufgaben, die hier erfüllt werden müssen, sind echte Aufgaben; und avch hier gilt wieder: sie können nicht in Großveranstaltungen erfüllt werden, sondern allein von den kulturverantwortlichen Institutionen und Organisationen. Wer heute lebendige Kulturpolitik betreibt, kann am Jazz nicht vorübergehen, wenn er sich nicht den Vorwurf der Weltfremdheit und Selbstisolation aussetzen will: das ist nicht die Meinung eines Jazz-Fachmannes, es ist immer wieder von verantwortlichen Persönlichkeiten des geistigen Lebens – so fern sie dem Jazz auch stehen mögen – ausgesprochen worden.

Joachim Ernst Berendt
Quelle: Programmheft ‘Konzerte der Stadt Kaiserslautern’, 1960/61



Fritz Rau: Jazz im Konzertsaal

Zweites Abonnement der Stadt Kaiserslautern 1958/59

Die Konzerte des ersten Jazzabonnements der Stadt Kaiserslautern liegen hinter uns und damit zugleich die ”erste städtische Jazzkonzertreihe Europas”, wie Joachim Ernst Berendt, der bekannte Jazz-Kritiker und Rundfunkkommentator in seinen SWF-Sendungen das Kaiserslauterner Beispiel erfreut begrüßte. Und wir können feststellen: Das Experiment ist geglückt.

Das Städtische Kulturreferat hat uns beauftragt, ein zweites Jazzabonnement für die kommende Konzertsaison zu gestalten und wir tun dies um so lieber, als der hervorragende Rahmen dieser Konzerte und das vorbildliche Konzertpublikum die Kaiserslauterner Abonnementskonzerte zu einem besonderen Jazz-Erlebnis, auch auf Seiten der Musiker, werden ließen. Das vergangene Jazzabonnement hat in vielen Städten eine große Anerkennung gefunden und verschiedene kulturelle Institutionen wurden angeregt, dem Kaiserslauterner Beispiel zu folgen. Wir sehen es daher als unsere besondere Pflicht an, mit dem nunmehr vorliegenden Programm des neuen Jazzabonnements, das Niveau der vergangenen Konzerte zu halten oder gar zu steigern.

Zum Eröffnungskonzert wurde ein Ensemble führender europäischer Jazzmusiker unter der Leitung des Wiener Tenorsaxophonisten Hans Koller verpflichtet. Gerade Hans Koller ist - obzwar Österreicher – insbesondere in den USA als der Exponent des deutschen Jazz bekannt geworden, zusammen mit Albert Mangelsdorff, der im Juli d. J. Deutschland beim amerikanischen Jazzfestival in Newport repräsentierte. Mit ihm fuhr Dusko Goykovic, einer der besten europäischen Trompeter in die USA, um in Newport sein Heimatland, Jugoslawien, zu vertreten. Der Wiener Pianist Hans Hammerschmidt war Mitglied der ”Austrian All Stars” und wurde von Eddi Sauter zum Südwestfunk nach Baden-Baden geholt. Die Rhythmusgruppe der Deutschen AII Stars mit Peter Trunk, Bass, und Rudi Sehring, Schlagzeug, spricht für sich selbst. Im Dezember werden unter der Leitung von Wolfgang Lauth die Musiker nach Kaiserslautern kommen, die den Raum Mannheim-Heidelberg zu einem Begriff im deutschen Jazz machten. Insbesondere Fritz Hartschuhs modernes Vibraphon-Spiel hat beim diesjährigen Jazz-Festival wieder besonderes Aufsehen erregt. Wir dürfen vor allem aber auch auf die interessanten Jazz-Kompositionen Wolfgang Lauths hinweisen, die seinem Ensemble ein besonderes Gepräge geben. Im Februar erwarten wir aus Münchens Künstlerviertel Schwabing eine Gruppe junger Künstler, die für die Anerkennung, die der Münchener Oldtime-Jazz überall findet, wesentlich mitverantwortlich ist. Die ”Red Hot Brass Band” steht unter der Leitung des ausgezeichneten Klarinettisten Dieter Seifert, dessen Begeisterung für den Jazz der 30iger Jahre dieses Konzertprogramm zu einer kleinen ”History” des traditionellen Jazz von Dixieland bis zum Swing werden läßt.

Das Abschlußkonzert im April soll wieder dem modernen Jazz gewidmet sein. Sie werden das Michael-Naura-Quintett hören, welches in jüngster Zeit immer wieder die besondere Aufmerksamkeit der deutschen Jazz-Interessenten erweckt und sich in die Reihe der erstklassigen deutschen Jazzgruppen gespielt hat. Insbesondere möchten wir hierbei auf den Altsaxophonisten Klaus Marmulla und den Vibraphonisten Wolfgang Schlüter (Mitglied der Deutschen All Stars) hinweisen.


Fritz Rau, Konzertreferent der Deutschen Jazz Föderation
Quelle: Programmheft ‘Konzerte der Stadt Kaiserslautern’, Saison 1958/59

 


Horst Lippmann: Jazz im Konzertsaal

Immer mehr erweist sich der Jazz als ein wesentlicher Bestandteil der zeitgenössischen Musik. Nicht nur schreiben namhafte Konzertkomponisten wie Strawinsky, Milhaud, Honegger, Schuller u.a. Jazzkonzerte oder nehmen wesentllche Einflüsse des Jazz in ihre Musik auf, die Jazzmusik selbst und ihre wichtigsten und besten Interpreten werden oder sind konzertsaalreif. Das bezieht sich sowohl auf den künstlerischen Wert der Interpretatlonen, bei denen nach wie vor die Improvisation eine große, aber nicht mehr unbedingt eine entseheidende Rolle spielt, als auch auf das Bemühen zahlreicher Jazz-Komponisten, jazz- und konzertgerechte eigene Kompositionen zu schreiben.

Oft bezieht sich das Formenmaterial auf die europäische Musik, und es entstehen Stücke, deren Kern Fuge, Choral, Kanon oder auch dle einfache Liedform ist. Aber man versucht auch neue Wege zu gehen, die sich selbständig aus dem Jazz entwickeln und Vergleiche zu den großen Meistern der atonalen und Reihenmusik nahe liegen lassen. Das Kulturreferat der Stadt Kaiserslautern ist bemüht, im Rahmen seiner Abonnementreihe mit den verschiedenen Möglichkeiten konzertsaalreifer Jazzmusik bekannt zu machen.

Für das erste Konzert am 23. 0ktober 1957 ist das Emil-Mangelsdorff-Swingtett mit dem Vibraphonisten Fritz Hartschuh vorgesehen, denn es war nicht zuletzt die Swingmusik, die vor 20 Jahren zum ersten mal den Konzertsaal für Jazzkonzerte erschloß. Als Sonderkonzert dieser Reihe ist dann am 28. November 1957 ein Konzert mit dem »Modern Jazz Quartet« aus den USA geplant. Dieses Ensemble bietet Kammermusik etwa auf der Ebene des Budapest String Quartetts in der klassischen Musik und gilt als die beste kammermusikalische Jazzgruppe der Welt. Es ist das erste Ensemble, bei dem die Trennung zwischen Jazz und europäischer Konzertmusik nicht mehr besteht. Am 15. Januar 1958 wird die Reihe mit einem Konzert des Horst-Jankowsky-Quintetts aus Stuttgart fortgesetzt. Mit diesem Ensemble werden so »klassische« und Jazzungewohnte Instrumente wie Flöte und Oboe neben den virtuosen Klavierinterpretationen von Jankowsky zu hören sein. Am 12. März 1958 ist das Michael-Naura-Quintett aus Berlin in Kaiserslautern zu Gast, das beim V. Deutschen Jazz Festival zu Pfingsten in Frankfurt dieses Jahres einen so grandiosen Erfolg hatte. Das letzte Konzert dieser Serie schließlich am 21. Mai 1958 vermittelt einen Einblick in die traditionellen Formen des Jazz und bringt Dixielandmusik mit den Spree City Stompers aus Berlin, denen als besondere Delikatesse noch der einzige authentische deutsche Blues-Sänger Toby Fichelscher beigegeben sein wird.

Horst Lippmann
Quelle: Programmheft ‘Konzerte der Stadt Kaiserslautern’, Saison 1957/58

 


Olaf Hudtwalcker: Jazz im Konzertsaal

Das Problem der Präsentation ist für den Jazz, deren Musiker in einer Art Niemandsland zwischen ”U” vnd ”E” (Unterhaltungs-” und ”ernster Musik”, wie man heutzutage zu klassifizieren pflegt) leben, von besonderer Bedeutung. Ihre Lösung war stets eine Hauptaufgabe der Deutschen Jazz Föderation.

Nach dem Kriege galt es zuerst, den Jazz vor den Managern purer Sensationslust zu retten, denen er als Neuigkeit für turbulente Großveranstaltungen attraktiv erschien. Diese Gefahr konnte durch ein Mittel gebannt werden, das sowohl für den Jazz, wie für sein Publikum spricht: durch von uns patronisierte, niveauvolle und sachkundig durchgeführte Konzerte. Da sich hierzu die vorhandenen Konzertdirektionen nicht bereitfinden wollten, wurden diese, für den Jazz bei uns richtungsweisenden Konzerte fast ausnahmslos von Jungen ”Fans” veranstaltet. – Aber damit war das eigentliche Problem noch nicht gelöst: dem Jazzmusiker ein möglichst ständiges Podium zu erstellen, auf dem er frei von allen Konzessionen produzieren kann. mit anderen Worten: ihm die Konzertsäle zu öffnen und damit gleichzeitig eine Existenzmöglichkeit außerhalb von Unterhaltungsindustrie und Nachtlokalen. Diese Veranstaltungsreihe ist ein wichtiger Schritt auf diesem Wege, auf dem bisher schon eine gute Strecke zurückgelegt werden konnte, und wir danken allen, die bei ihrer Durchführung behilflich waren. Insbesondere gilt unser Dank dem Kulturamt der Stadt Kaiserslautern, das vor vier Jahren die erste Kammermusik in Jazz in Zusammenarbeit mit der Deutschen Jazzföderation in Deutschland vorstellte! Ihr Titel ”Jazz im Konzertsaal” ist durchaus programmatisch zu verstehen: statt Starparaden in Riesensälen sollen hervorragende kleine Ensembles im möglichst intimen Rahmen, wie er ihrer Musik entspricht, vorgestellt werden. Wir glauben, daß sich der für den Jazz als eine junge, weitgehend spontane Kunst so wichtige Kontakt zwischen Musikern und Publikum in dieser Art der Präsentation am leichtesten ergibt.


Olaf Hudtwalcker, Präsident der Deutschen Jazzföderation
Quelle: Programmheft ‘Konzerte der Stadt Kaiserslautern’, 1959/60

 


 

JATP